Umgang mit Allergien und Asthma bei Kindern

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Kinder können schon sehr früh unter allergischen Erkrankungen leiden. Die ersten inhalativen Allergien beginnen bereits im Vorschulalter, Nahrungsmittelallergien können sogar schon im Säuglingsalter auftreten. Heuschnupfen und allergisches Asthma machen sich hingegen meist erst im Schulalter bemerkbar. Wichtig ist zu wissen: Asthma bei Kindern hat viele Facetten und reicht nicht zwingend bis ins Erwachsenenalter hinein.

Im Video-Interview gab Univ. Prof. Dr. Zsolt Szépfalusi, Leiter der Atem- und Allergieambulanz, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, einen Überblick über seinen Vortrag beim Tag der Lungengesundheit im Wiener Rathaus „Mehr Luft auf Leben“.

Wie können Kinder von einer Allergie betroffen sein und ab wann?

Die ersten Allergene, die Probleme bereiten, sind Nahrungsmittel, die wir regelmäßig zu uns nehmen. Diese machen sich bereits im Vorschulalter bemerkbar, können aber sogar schon im Säuglingsalter nach der ersten Flaschennahrung auftreten. Inhalative Allergene, also Allergene, die wir einatmen, treten manchmal sehr früh, im zweiten oder dritten Lebensjahr. Häufiger sind sie aber ab dem Schulalter, hier zeigen sich in Form von Rhinokonjunktivitis, also Heuschnupfen, oder Asthma.

Wann sollten Eltern oder Ärzte erstmals darüber nachdenken, ob das Kind ein Problem mit Allergien oder allergischem Asthma haben könnte?

Man muss in allen Lebensphasen des Kleinkindesalters immer hellhörig sein. Eltern und Arzt sollten aber vor allem daran denken, wenn Beschwerden auftreten und bei denen ein vermeintlicher Zusammenhang zwischen einer Allergenquelle – also entweder Nahrungsmittel oder inhalative Allergene – und Beschwerden vermutet wird. Zum Beispiel, wenn auf der Wiese frische Graspollen eingeatmet werden und danach Beschwerden auftreten. Bezüglich des Asthmas bei Kindern sollte man daran denekn, dass Asthma eine Erkrankung ist, die viele Facetten haben kann und nicht immer dauerhaft vom Kleinkindalter bis ins Erwachsenenalter weiterreicht. Wir haben im Kleinkindalter, vor allem Vorschulalter viele pfeifende Atmungssituationen, die durch viele Infekte ausgelöst werden können, aber langfristig nicht zu Asthma führen. Deshalb bekommt nicht jedes Kind die gleiche Therapie und es sollte nicht gleich jedes Kind als Asthmatiker abgestempelt werden.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei kindlichem Asthma?

Bezüglich Behandlung und neue Therapieformen beim kindlichen Asthma hat sich in den letzten Jahren das Spektrum der Medikation erweitert. Es gibt neue Medikamente, vor allem Biologika, die auch im Kleinkindesalter einen neuen Stellenwert bekommen haben. Wir haben Medikamente, die ab dem sechsten Lebensjahr – allerdings bei schwerem Asthma zum Einsatz kommen können. Ab wann und wie man diese Medikamente in Betracht ziehen sollte, hängt vom Schwergrad der Erkrankung ab und dafür gibt es einen klassischen Stufenplan: Bei Milbenbeschwerden beginnen wir mit einer Standardtherapie und je nach Beschwerdeprogredienz geht man dann zu schwereren, stärkeren, potenteren Medikamenten, die man einsetzt und da kommt es auch manchmal zu Biologika-Einsatz. (Biologika bzw. Biopharmazeutika bilden eine relativ junge Kategorie von Arzneistoffen, welche mittels biotechnologischer Verfahren hergestellt werden. Je nach Wirkstoffklasse ist das Ziel einer Biologika-Therapie, körpereigene Botenstoffe und Eiweiße zu ersetzen, zu ergänzen oder zu blockieren. Damit werden krankhafte Prozesse aufgehalten, heilsame Vorgänge im Körper angestoßen oder unterstützt bzw. sollen sie auch körpereigene Substanzen bei Bedarf ersetzen.)

Welche Allergene können bei Kindern einen allergischen Schock (anaphylaxiktischen Schock) auslösen?

Es gibt drei Auslöser, die leider auch schon im Kindesalter aktiv sein können: Arzneimittel, Nahrungsmittel und Insektenstiche. Im Kindesalter stehen an erster Stelle die Nahrungsmittel, dann Insektenstiche und dann Medikamente. Im Erwachsenenalter dreht sich das um: Da sind zuerst Insektenstiche, dann Medikamente und zuletzt Nahrungsmittel die Auslöser. Deshalb muss das Alter der jeweiligen Person in Betracht gezogen werden.

Für den Fall, das man zur Gruppe der schweren Allergiker mit Anaphylaxie-Gefahr gehört, müssen Vorkehrungen getroffen werden. Diese Personen müssen einen Allergiepass haben, und ein Notfallmanagement erlernen. Jedoch nicht nur das betroffene Kind, sondern auch alle Einrichtungen, die mit der Betreuung von Kindern betraut sind, sollten das Notfallmanagement gelernt haben. Der allergische Schock ist die schwerwiegendste allergische Reaktion, die wir kennen und kann bis zum Tode führen, wenn man die Warnzeichen nicht erkennt. Das Medikament, das schlechthin vor dem Tod im Allergischen Schock retten kann, ist Adrenalin, das in Form von eine Autoinjektor gegeben wird. Es gibt zwei Produkte in Österreich, die man erwerben kann. Mit diesen sollte immer wieder gut geübt werden, damit man sie im Notfall tatsächlich auch als Laie anwenden kann.

Wie weit sind die Schulungsvideos, die Sie gemeinsam mit der Lungenunion vor einigen Jahren gemacht haben, noch aktuell?

Diese Schulungsvideos haben an Aktualität nichts verloren, sondern nehmen eher zu als ab. Neue Nahrungsmittelquelle wie Baumnüsse und Erdnüsse nehmen in der Gesamtbevölkerung bei Kinder und bei Erwachsenen zu. Daher sollte man sich diese Videos zu Herzen nehmen, ansehen und üben, weil leider immer noch die Verwendung von Adrenalin bei Ärzten wie auch bei Laien als das Notfallmedikament schlechthin viel zu selten angewendet wird.

Weitere Infos zum Thema:
Sie können die Schulungsvideos jederzeit und kostenlos auf unserer Webseite www.lungenunion.at ansehen und üben.