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Operationen & Heilungschancen bei Lungenkrebs

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Das Lungenkarzinom ist eine der tödlichsten Krebsarten und wird meist durch Rauchen verursacht. Die Überlebenschancen sind aber in den letzten Jahren gestiegen, und dank moderner Operationsmethoden ist auch eine Heilung möglich. Beste Voraussetzungen dafür sind, wenn der Lungenkrebs frühzeitig entdeckt wird, der Tumor chirurgisch entfernt werden kann und noch nicht zu viel gestreut hat. Warum und in welcher Form eine Operation sinnvoll ist, erklärt OA Dr. Bahil Ghanim, PhD, Abteilung für Allgemein- und Thoraxchirurgie, Universitätsklinikum Krems.

„Ob jemand bereits an Lungenkrebs erkrankt ist oder nicht – mit dem Rauchen aufzuhören zahlt sich immer aus. Wenn Menschen gänzlich mit dem Rauchen aufhören, dann kommt das Risiko für viele durch das Rauchen ausgelöste Erkrankungen mit der Zeit wieder dem von Nichtraucher:innenn sehr nahe“, schildert Bahil Ghanim. „Herz und Lunge erholen sich. Und somit reduziert sich auch das Krebsrisiko. Irgendwann ist man wieder dort, wo man von Natur aus hingehört – kein Mensch kommt rauchend auf die Welt! Wir sind alle primär Nichtraucher:innen! Rauchen ist nicht lebensnotwendig, sondern das Gegenteil: Es zerstört leider unser Leben und unsere Gesundheit.“

Rauchstopp fördert Heilung

Lungenkrebspatient:innen, die trotz eines diagnostizierten Tumors weiterrauchen, haben ein 20-faches Risiko, dass der Tumor wieder nachwächst (Rezidivrate) im Vergleich zu Patient:innen, die zu rauchen aufgehört haben. „Ein Rauchstopp hingegen senkt die Komplikationsrate bei Operationen, senkt die Rezidivrate und erhöht die Lebensqualität – denn es ist sehr wesentlich, ob Patient:innen nach der Operation wieder ihren sportlichen und sonstigen Aktivitäten nachgehen können“, so der Experte.

Kleinzellige Karzinome

Therapieentscheidend ist beim Lungen­krebs, ob es sich um ein kleinzelliges oder nicht-kleinzelliges Karzinom handelt, aber auch, ob es lokal auftritt oder sich bereits im Körper ausgebreitet hat (Meta­stasen). Denn die kleinzellige Version ist aggressiver und kann meist nur mittels Systemtherapie behandelt werden. „Hier ist nach wie vor die Chemotherapie die Standardtherapie. Sie wirkt am ganzen Körper, hat aber auch den Nachteil, im ganzen Körper Nebenwirkungen auszulösen. Das Gleiche gilt für die zielgerichtete Therapie und für die Immunthe­rapie“, erklärt Bahil Ghanim.

Nicht-kleinzellige Karzinome

Patient:innen mit einem nicht-kleinzelligen lokalisierten Bronchialkarzinom haben durch die operative Entfernung des Tumors nicht nur eine hohe Überlebenschance, sie gelten fünf Jahre nach dem Operationstermin als geheilt. „Bei der kurativen Operation besteht der Vorteil, dass durch die lokale Entfernung – beispielsweise des tumortragenden Lappens – eine maximale Wirkung erzielt werden kann“, so der Thorax­chirurg. „Vor allem, wenn die Person im Frühstadium operiert wird, gilt sie mit einer 90-prozentigen Wahrscheinlichkeit als geheilt.“

„Auch die Strahlentherapie kann lokal eingesetzt werden. Sie steht aber an zweiter Stelle, da mit einer Operation die höchsten Heilungschancen bestehen. Eine Kombination beider Therapien ist möglich, wenn die Metastasen noch nicht zu sehr gestreut sind. „Die Hauptmetastasierungslokalisation beim Lungenkarzinom sind die Lymph­kno­ten. Von den Fernmetasen sind leider das Gehirn, die Leber und die Nebenniere ganz vorne dabei. Das muss im Vorfeld abgeklärt werden. Aber wenn der Patient, die Patientin z.B. nur eine Hirnmetastase hat und diese auch gut behandelt werden kann, kann man auch zur kurativen Lungenoperation schreiten“, veranschaulicht Bahil Ghanim.
Heutzutage gibt es auch neue vielversprechende Ansätze der Lokaltherapie – zum Beispiel wird dem Tumor mit speziellen Sonden zugesetzt, indem er erhitzt oder vereist wird. Allerdings sind diese Methoden noch so neu, dass sie noch nicht in den Klinikalltag Einzug gefunden haben.“

Risikoeinschätzung

Ob Patient:innen operabel sind oder nicht, muss im Vorfeld von mehreren Gesichtspunkten aus betrachtet werden. Folgende Fragen müssen für die Therapieentscheidung abgeklärt und besprochen werden: Ist die Person fit genug? Wie hoch ist das Risiko? Wie weit ist der Tumor fortgeschritten? Ist der Tumor lokal oder systemisch? Liegt der Tumor an einer gefährlichen Stelle?

„Wenn eine kurative Operation möglich ist, dann ist unser oberstes Ziel die Heilung. Da spielen wir als Chirurgen in fast allen Tumorstadien eine Rolle – Voraussetzung, dass der Patient fit ist, und wenn er einen gestreuten Tumor hat, dass es sich um wenige sowie auch behandelbare Metastasen handelt. Bei uns in der Klinik setzt sich wöchentlich ein Tumorboard zusammen. Dieses besteht aus Onkologen, Pneumologen, Strahlentherapeuten und uns Thoraxchirurgen. Wir entscheiden gemeinsam jeden individuellen Fall. Aber in der letzten Instanz entscheidet natürlich der Patient, die Patientin ob er oder sie operiert werden möchte oder nicht“, erklärt Bahil Ghanim.

Die Operation als Heilverfahren

Im Wesentlichen gibt es zwei Formen der Operation. Die altbewährte Thorakotomie (offene Chirurgie). Diese wird bei komplizierteren Resektionen bzw. fortgeschritteneren Tumoren angewandt. Es erfolgt ein Schnitt zwischen den Rippen, diese werden aufgespreizt und je nachdem werden der Lappen, das Segment, die ganze Lunge oder zwei Lappen unter direkter Sicht der Chrirurgin bzw. des Chirurgen entfernt.

Die neuere Methode ist die Video-assistierte Thorakoskopie (VATS). Diese Art der minimalinvasiven Chirurgie kann vor allem in frühen Tumorstadien eingesetzt werden. „Die VATS-Operation hat viele Vorteile und wird wann immer möglich angewandt“, erklärt der Experte. „Bei minimalinvasiven Eingriffen ist der Vorteil von minimalen Schnitten, kürzeren Spitalsaufenthalten und der Tumor wird mit der gleichen Sicherheit entfernt. Aber für komplexe Eingriffe ist die Thorakotomie einfach der sichere Zugang, wo man direkt den Blick und auch den Zugriff auf die heiklen Strukturen hat.“

Das Leben nach der OP

Aus etlichen Studien ist bekannt, dass die volle Genesung der Lunge nach der Operation bis zu fünf Wochen dauert. Das bedeutet aber nicht, dass man fünf Wochen im Bett liegt. „Im Gegenteil – das Beste, was man tun kann, ist die Lunge zu verwenden, sich zu bewegen und durchzuatmen“, weiß Bahil Ghanim. „Wir empfehlen immer eine pulmonale Rehabilitation danach, damit Patient:innen auch im Alltag mit der Lunge wieder umzugehen lernen – vor allem, wenn die Lunge nach der Operation kleiner geworden ist. Wenn die Lymphknoten auch befallen waren, sind in der Nachbetreuung die Onkolog:innen die Ansprechparnter:innen, da sie die noch erforderliche Chemotherapie kontrollieren. Auf die Frage, ob nach der Operation wieder ein aktives, normales Leben möglich ist, antwortet der Spezialist: „Ja, es ist absolut möglich! Ich freue mich immer, wenn ich von meinen Patient:innen höre, dass sie zum Beispiel wieder bergsteigen waren. Vieles ist möglich, es kommt immer auf den Menschen selbst an: Ob er mit Rauchen aufhört, sich bewegt, Sport macht – so kann man sehr viel wiedergutmachen!“


Webinar der Österreichischen Lungenunion, 26. April 2023