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Birkenpollenallergie und Kreuzreaktionen auf Nahrungsmittel

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Kiste mit roten Äpfeln, darunter Haselnüsse, Foto: Canva

Wie eine ausgewogene Ernährung bei Menschen mit einer Birkenpollenallergie gelingt, weiß Martina Fischl, MSc. Im Rahmen eines Webinars der Österreichischen Lungenunion ging die Diätologin darauf ein, worauf es bei einer Birkenpollenallergie zu achten gilt und wie sich Kreuzreaktionen mit anderen Lebensmitteln vermeiden lassen.

„Es gibt einige inhalative Allergien auf Pollen: Die auch als Frühblüher bezeichneten Baumpollen läuten die Pollensaison ein. So kann die Purpurerle bereits im Dezember blühen, später kommt die Erle hinzu, die bis Mitte April blühen kann“, erklärte Martina Fischl. Später kämen die Hasel, die Esche und die Birke hinzu. Ab Mai finde die Blüte der Gräserpollen wie Roggen und andere Süßgräser – etwa Weizen und Mais – statt, wobei sich diese Periode bis September ausstrecke. „Wenn der Sommer weiter fortgeschritten ist, kommen die Kräuterpollen dazu“, weiß die auf Allergien spezialisierte Diätologin.

Pollenassoziierte Nahrungsmittelallergien

Mit Nahrungsmitteln würden sowohl Baum- als auch Kräuterpollen interagieren, so Fischl bei dem Webinar mit dem Fokus auf Birkengewächse. Zu diesen zählen die Birke, die Erle und die Hasel. „Bei einer Allergie reagieren Betroffene auf einen an und für sich harmlosen Bestandteil von Pollen“, erklärte Fischl. Das Hauptallergen in Birkenpollen, der Pflanzeneiweißbestandteil Betula verrucosa 1 (Bet v 1), sei für Kreuzreaktionen auf Nahrungsmittel verantwortlich, da beispielsweise Äpfel Strukturen enthielten, die dem sogenannten Stressprotein Bet v 1 ähneln. Dieses Stressprotein werde in Situationen gebildet, in denen die Pflanze unter Stress steht – etwa bei Trockenheit.

Ganze 98 Prozent der Birkenpollenallergiker:innen würden auf Bet v 1 und 70 Prozent auf Nahrungsmittel wie beispielsweise Apfel, Sellerie, Karotte, Haselnuss, Walnuss, Soja, Kiwi, Sharonfrucht (Kaki), Erdnuss, Esskastanie, Kirsche, Birne, Mango, Mungobohnen, Jackfrucht, Eichenpollen, Anis oder Kreuzkümmel allergisch reagieren, weiß Martina Fischl.

Typische Symptome bei Birkenpollen-assoziierter Nahrungsmittelallergie

Das orale Allergiesyndrom trete bei Kontakt mit der Schleimhaut von Mund und Rachen auf. Meist würden nur leichte Beschwerden während des Verzehrs bestimmter Obst- und Gemüsesorten bemerkt. Manchmal gebe es zudem einen Nesselausschlag (Urtikaria) und Schwellungen (Angioödeme) im Bereich von Mund und Hals. In seltenen Fällen komme es zu einer schweren anaphylaktischen Reaktion mit Atemnot, Blutdruckabfall und Herzrasen.

Sicherstellen ausgewogener Ernährung trotz Einschränkungen

„Die gute Nachricht ist: Sie müssen nicht alles meiden, was auf diversen Listen steht“, lautet die Empfehlung von Martina Fischl. Vielmehr gehe es um persönliche Erfahrungen und die individuelle Toleranz. Zudem müsse die Frage gestellt werden, ob Betroffene das ganze Jahr über oder nur in der Pollenflugzeit reagieren, damit nur Nahrungsmittel gemieden werden müssen, die tatsächlich Reaktionen verursachen. Eine Ausnahme stellen hier „flüssige“ Sojaprodukte dar.

Gut verträgliches Obst für Menschen mit Birkenpollenallergie seien Sorten wie Wasser-, Honig- und Zuckermelone, Zitrusfrüchte, Heidelbeeren, Ribisel, Stachelbeeren, Weintrauben, Avocado, Bananen, Granatapfel, Litschi und Ananas.

Auch Gemüsesorten wie Paprika, Tomate und Fenchel würden meist gut toleriert. Gut verträgliches Gemüsesorten wie Brokkoli, Karfiol, Kren, Romanesco, Radieschen, Gurke, Rettich, Kohlrabi, Grünkohl, Chinakohl, Weiß- und Rotkraut, Schnittlauch, Frühlingszwiebel, Kartoffeln, Melanzani, Zwiebel, Porree und Knoblauch. „Wenn Sie diese Lebensmittel nicht vertragen, hat das oft mit dem Bauch zu tun und nicht mit einer Allergie“, erklärte Martina Fischl.

Gut verträgliche Samen und Schalenfrüchte wie Leinsamen, Kürbis-, Sonnenblumen-, Pinienkerne, Cashews, Sesam, Kokos, Paranuss und Pistazie seien bei Birkenpollenallergie ebenso einen Versuch wert.

Eigenschaften kreuzreaktiver Nahrungsmittel

„Allergene in mit Birkenpollen verwandten Lebensmitteln werden durch Hitze weitestgehend zerstört“, betonte Martina Fischl. Dies hänge damit zusammen, dass das Allergen der Birke und ihrer verwandten Lebensmittel sehr empfindlich auf Hitze und die Einwirkung von Magensaft reagiere. Bei einer geringen Aufnahme im Magen-Darm-Trakt sei eine schwere Reaktion unwahrscheinlich.

Risikofaktoren für schwere Reaktionen

„Immer dann, wenn Pollen fliegen, auf die Sie allergisch reagieren, ist Ihr Immunsystem auf Scharf geschaltet und es kann sein, dass ein Lebensmittel, das Sie außerhalb der Pollensaison gut vertragen, nun schlechter vertragen wird“, warnte die Allergieexpertin. Werde ein Lebensmittel außerhalb der Pollensaison schlecht vertragen, falle die Reaktion in der Pollensaison noch stärker aus. Dies sei vor allem bei Menschen mit Asthma problematisch. Weitere Faktoren, die eine schwere Reaktion mit beeinflussen können, seien körperliche Anstrengung, Fasten, die Allergenmenge, eine spezielle Mahlzeitenzusammensetzung und die gleichzeitige Einnahme von Magenschutz oder Blutdruck- bzw. Schmerzmitteln. Besondere Vorsicht gelte bei flüssigen oder gering verarbeiteten Sojaprodukten, da diese eine große Menge an birkenpollenähnlichem Allergen enthalten. Stark erhitzte, fermentierte Sojaprodukte wie etwa Sojasauce seien in den meisten Fällen jedoch kein Problem.

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Martina Fischl, MSc, ist Mitbegründerin des Qualitätszirkels Allergologie und ist nach langjähriger Tätigkeit im AKH jetzt Lektorin an der FH Campus Wien und Diätologin in der freiberufliche Praxis.

Kooperation der Österreichischen Lungenunion und des Qualitätszirkel Allergologie:
Der Qualitätszirkel Allergologie unterstützt die Österreichische Lungenunion mit professioneller Fachkenntnis beim Thema Ernährung, steht für Informationsveranstaltungen zur Verfügung und beantwortet Fragen von Patient:innen direkt. Speziell bei Erkrankungen kann es nötig sein, sich an den richtigen Ernährungsplan zu halten. Diesbezügliche Fragen an den Qualitätszirkel Allergologie können gerne an die Österreichische Lungenunion unter office@lungenunion.at gerichtet werden. Wir werden diese weiterleiten an eine Diätologin und professionell beantworten lassen.

Service-Link

Qualitätszirkel Allergologie

Pollenwarndienst

Interessensgmeinschaft Allergenvermeidung (IGAV)

Webinar der Österreichischen Lungenunion, 21. März 2023