Gerade bei einer chronischen Lungenerkrankung stecken Patienten in einem Teufelskreis. Husten, Auswurf und Atemnot sind die klassischen Symptome der COPD. Diese führen zu einer verminderten Aktivität. Durch die Inaktivität sinkt die bei Betroffenen ohnehin eingeschränkte Leistungsfähigkeit weiter. Studien mit COPD-Patienten haben gezeigt, dass gezieltes Training die Beschwerden lindert. Viele COPD-Patienten meiden somit Anstrengung – zu Unrecht. Regelmäßige Bewegung, Atemübungen oder ein gut abgestimmtes Sportprogramm können helfen, die Symptome zu lindern. Gerlinde Serro ist das beste Beispiel dafür.
Gerlinde Serro, 76-jährige COPD-Patientin aus Wien, weiß aus eigener Erfahrung, dass regelmäßige Bewegung und auch das tägliche Atemtraining gut tun: „Ich musste immer wieder feststellen, wenn man nichts macht, dann geht’s bergab! Eine COPD ist eine Krankheit, die nicht besser wird. Aber man kann aktiv fit bleiben und dadurch die Verschlechterung stoppen! Letztlich helfen die besten Medikamente nichts, wenn man selbst nicht seinen Teil beiträgt.“
Aus der Welt der Mode
Von Beruf Modistin machte sich Gerlinde Serro schon früh selbständig. Gelernt hat sie den Job einer Hutmacherin. Zuerst gab sie den Hüten berühmter Designer den letzten Schliff. Fred Adelmüller, Wiener Modeschöpfer von Weltrang, war einer ihrer größten Fans. Doch schon bald hatte sie ihr eigenes Hutgeschäft im vierten Wiener Gemeindebezirk. Die Damen und Herren der Gesellschaft, Politiker und Industrielle sowie auch adelige Ladies schätzten ihren Kopfschmuck. Die Kreativität von Gerlinde Serro kannte keine Grenzen – mit Filz, Seide, Stroh, Pelz und anderen Materialien putzte sie ihre Hüte auf. „Wir haben im Hutsalon alles selber gemacht. Jeder Handgriff, jeder Hut wurde individuell angepasst und erzeugt.“
„Die Dämpfe bei der Huterzeugung, vor allem der Filzhüte, waren neben dem Rauchen sicher auch ein Grund für die sich langsam anbahnende COPD“, so die ehemalige Grande Dame der Wiener Hutmode. „Ich habe immer viel gesportelt, bin Ski gefahren, habe mich gerne bewegt. Aber in den 1990er-Jahren habe ich gemerkt, dass ich leistungsmäßig stark nachlasse.“ Der zu Rate gezogene Lungenfacharzt diagnostizierte erstmals ein Lungenemphysem und riet mir, mit dem Rauchen aufzuhören – die Diagnose COPD kam erst später. Sie hörte sofort auf zu rauchen, „aber leider erst viel zu spät“.
Regelmäßige Bewegung ist wichtig
Die Spitalsaufenthalte wurden immer häufiger, die Lungenfunktion schlechter. Betreut wurde sie immer von den besten Lungenärzten wie Prim. Vetter oder Prim. Zwick. Regelmäßige Bewegung macht sie erst seit ihrer Pensionierung im Jahr 2007. „Während der Arbeit hatte ich zu wenig Zeit zum Turnen. Ich habe mich zwar immer bewegt, aber einfach zu wenig und zu wenig regelmäßig.“ Heute weiß sie, dass man nach jedem Spitalsaufenthalt und jeder Rehabilitation auch daheim trainieren muss. Die gelernten Übungen gilt es, regelmäßig zu absolvieren. „Ich gehe ins nahegelegene Hartmannspital zu einer Trainingsgruppe zwei Mal in der Woche. Als ich wegen eines orthopädischen Problems heuer länger im Spital war, fiel die Trainingsgruppe aus. Den Leistungsabfall bemerkt man gleich! Jetzt gehe ich aber wieder, weil es mir fehlt. Ich musste feststellen, wenn ich nichts mache, dann geht es mir immer schlechter!“
Selbsthilfe und die Gruppe sind wichtig
Gerlinde Serro: „Ich turne jeden Morgen eine halbe Stunde im Bett. Zusätzlich mache ich auch regelmäßige Atemübungen. Die Zeit nehme ich mir, letztlich ist mir mein Leben wichtig.“ Die Selbsthilfegruppe der Lungenunion ist für Gerlinde Serro der optimale Platz für gemeinsame Aktivitäten, Schulungen, aber auch für den Austausch mit gleichgesinnten Freundinnen. Deshalb hat die kommunikative Dame auch sofort zugesagt, als sie voriges Jahr von der ÖLU gefragt wurde, ob sie bei der Video-Übungsreihe für zuhause „Heimtraining für eine bessere Lebensqualität“ mitmachen wollte. Gemeinsam mit einem weiteren aktiven COPD-Patienten, Josef Missia, wurden zehn einfache Übungen für zuhause aufgenommen, sodass jeder zuhause auch gleich mitturnen kann.
Positiver Umgang mit der Krankheit
Der positive Umgang mit der Krankheit ist für Gerlinde Serro ganz selbstverständlich. Zudem hilft es, wenn man weiß, dass man nicht alleine dasteht. Denn anfänglich war es 2014 schon ein ziemlicher Schock, dass ihr vom Arzt eine Langzeit-Sauerstofftherapie verordnet wurde. „Zuerst war das furchtbar, aber andere Leute verwenden die Sauerstofftherapie auch. Jetzt habe ich mich daran gewöhnt und gehe positiv damit um.“ So sind nach vier Jahren der Nasenschlauch und die immer präsente Sauerstoffflasche Teil ihres Lebens geworden.
Prinzipiell ist Gerlinde Serro wahrscheinlich der Traum jedes Lungenarztes, denn sie kämpft aktiv gegen ihre COPD an. Perfekte Inhalation, Geräte zur Sekretförderung, tägliche Atemübungen oder regelmäßiges körperliches Training gehören bei ihr zum Alltag. „Ich würde auch gerne manchmal länger schlafen, aber ich weiß, ich muss die Atemübungen regelmäßig machen – und als Belohnung fällt mir dann den ganzen Tag das Atmen leichter.“ Auch ihre positive Lebenseinstellung ist bewundernswert. Denn mit dem gleichen Lächeln erzählt sie nicht nur von jener Zeit, als sie noch modische Hüte zauberte, sondern beschreibt auch das neueste Gerät zur Sekretförderung.