Asthma ist nach wie vor eine häufige chronische Erkrankung. Rund 4,3 % der gesamten Weltbevölkerung sind von Asthma betroffen. In Österreich sind es den Daten der österreichischen LEAD-Studie zufolge 4,4 % (der untersuchten Allgemeinbevölkerung, Frauen und Männer, 6 – 80 Jahre). Bei Kindern war und ist Asthma die häufigste chronische Erkrankung überhaupt. Jedoch hat sich in den letzten Jahren punkto Therapie Entscheidendes getan: Dank neuer Therapieoptionen mit Biologika* können in Zukunft Kortison-Langzeitnebenwirkungen vermieden werden.
Die Lebenserwartung von optimal behandelten Asthmatikern entspricht derjenigen gesunder Menschen. Wichtig ist, dass die Diagnose rechtzeitig gestellt wird und die Patienten die für sie richtige Therapie erhalten. Unerlässlich sind außerdem die Therapietreue und der geschulte Umgang mit medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapien.
Kortison bei Asthma bronchiale
Das Therapieziel bei Asthma ist, die Symptome unter Kontrolle zu bringen. Die inhalative Gabe von Kortison ist das wichtigste Mittel zur Symptomkontrolle und bei jeder Asthma-Therapie von absoluter Notwendigkeit. Priv.-Doz.in Dr.in Robab Breyer-Kohansal, Abt. für Atemwegs- und Lungenkrankheiten, Klinik Hietzing, Wien: „Kortison, das mittels Inhalation direkt in die Atemwege verabreicht wird, wirkt lokal und somit genau dort, wo es wirken soll.“ Es wirkt dort entzündungshemmend, lässt die Bronchialschleimhaut abschwellen, reduziert die Schleimsekretion, hemmt zusätzlich allergische Reaktionen und vermindert die Hyperreagibilität (Überempfindlichkeit) der Bronchien.
Lassen sich die Symptome dennoch nicht ausreichend in den Griff bekommen – handelt es sich also um unkontrolliertes Asthma – bekommen die Patienten zusätzlich zur Inhalation von Kortikosteroiden auch noch oftmals niedrigdosiertes Kortison in Form von Tabletten oder Spritzen. Breyer-Kohansal, die auch Forschungsleiterin am Ludwig Boltzmann Institut für Lungengesundheit ist: „Es ist aber bekannt, dass eine Langzeitbehandlung mit systemisch wirkenden Kortikosteroiden (OCS) bei Asthma erhebliche unerwünschte Wirkungen haben kann. Eine rezente dänische Studie belegt nun, dass die Gabe niedrig dosierter oraler Kortikosteroide bei Asthma mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität verbunden ist.“
Während das inhalierte Kortison tatsächlich nur dort wirkt, wo es wirken soll – nämlich in Lunge und Atemwegen – wirkt geschlucktes Kortison auch systemisch, also auf den ganzen Körper. Dies kann sich, über einen längeren Zeitraum eingenommen, in vielerlei Hinsicht problematisch auswirken. À la longue können Nebenwirkungen dieser Therapie zu Begleiterkrankungen wie beispielsweise Osteoporose, hohen Blutzuckerwerten und Diabetes, Blutdruckanstieg und verminderter Muskelmasse führen. Breyer-Kohansal: „Leider sehen wir immer wieder Asthma-Patient*innen, die in der Vergangenheit bereits öfters Kortison geschluckt haben oder es gespritzt bekamen. Und wir müssen nun nicht ‚nur‘ das schwere Asthma behandeln, sondern vor allem auch die Kortison-Langzeitnebenwirkungen. Und genau das können und müssen wir in Zukunft verhindern.“
Maßgeschneiderte Therapien
Auch wenn der komplette Pathomechanismus der Entstehung bzw. Ausprägungen von Asthma noch nicht vollständig geklärt ist: In den letzten Jahren sind enorme Fortschritte zum Verständnis dieser chronischen (lebenslangen) Erkrankungen gemacht worden. Und mit zunehmendem Verständnis der einzelnen involvierten Signalwege (Pathways) eröffnen sich auch neue gezielte Therapieoptionen. „Die Therapie des schweren (unkontrollierten, also symptomatischen) Asthmas bronchiale ist eine Erfolgsgeschichte der letzten Jahre. Wir wissen mittlerweile, dass es verschiedene ‚Arten‘, also Charaktere oder Phänotypen, bei Asthma bronchiale gibt – ähnlich wie bei anderen chronischen Erkrankungen wie beispielsweise dem Rheuma“, so Breyer-Kohansal. Da nicht jedes Asthma gleich ist, kann es laut der Asthma-Expertin auch nicht nur „die eine“ Therapie für alle Betroffenen geben. „Dank der Erkenntnisse der letzten Jahre gibt es mittlerweile sehr gute und sichere, auf unseren Patienten maßgeschneiderte Therapien, die das Krankheitsgeschehen sehr beeindruckend zurückdrängen“, erklärt Breyer-Kohansal.
Einsatz von Biologika statt zusätzlichem Kortison
Für Menschen mit schwerem Asthma, die trotz optimaler inhalativer Behandlung noch von Symptomen betroffen sind und laut Behandlungsplan auf der letzten Therapiestufe (schwersten Erkrankungsstufe) stehen, gibt es seit einiger Zeit neue Therapieoptionen mit speziellen Antikörpern (Biologika). Dabei handelt es sich um Eiweißkörper (Proteine), die sich zielgerichtet an bestimmte Strukturen anheften und so einzelne Bestandteile der Entzündungsreaktion blockieren. Breyer-Kohansal verdeutlicht: „Antikörper wirken, indem sie – vereinfacht gesprochen – die Kommunikation zwischen bestimmten Zellen blockieren. Sie bremsen beispielsweise bestimmte Botenstoffe oder blockieren ihre Andockstellen (Rezeptoren).“
Bei allergischen Asthmaformen lassen sich so zum Beispiel Botenstoffe wie bestimmte Interleukine (IL-4, IL-13) bzw. deren Rezeptoren gezielt blockieren. Dies reduziert die Überaktivität bestimmter Blutzellen, die bei allergischen Reaktionen eine Rolle spielt. Eine weitere Möglichkeit, bei allergisch dominiertem Asthma zielgerichtet einzugreifen, besteht darin, Antikörper zu blockieren, die vom Körper selbst produziert werden (Immunglobuline vom Typ E (IgE)). Aber auch bei sogenanntem eosinophilem Asthma kommen heute Biologika zum Einsatz, hier kann z.B. mittels IL-5-Hemmern die Aktivität der Eosinophilen reduziert werden.
Typenanalyse für maßgeschneiderte Therapie
Daher ist die genaue Abklärung dieser Erkrankung durch Lungenfachärzte für die weitere Therapie und somit für den weiteren Krankheitsverlauf dieser chronischen, lebenslangen Erkrankung und so letztendlich für die Lebensqualität der Patienten entscheidend. Breyer-Kohansal: „Wir können mit einer Reihe von nicht-invasiven Messungen und Blutbefund ermitteln, welches Asthma genau nun der jeweilige Patient bzw. die jeweilige Patientin hat. Denn nur so können wir diese innovativen, maßgeschneiderten Therapien auch rechtzeitig anbieten.“
Diese „Typenanalyse“ müsse, so betonte die ÖGP-Expertin: „allerspätestens dann erfolgen, wenn die Asthma-Symptome so stark sind, dass sie durch die herkömmliche inhalative Therapie nicht mehr kontrollierbar sind, wenn also Kortison geschluckt oder gespritzt werden müsste, um eine Besserung zu erzielen. Spätestens dann gehören die Patienten in die Hand von Spezialisten, um eine geeignete maßgeschneiderte Therapie etablieren zu können. Die Gabe von systemisch wirkendem Kortikosteroiden muss also, wo immer möglich, vermieden werden.“
Zusätzliche Maßnahmen
Zusätzlich zur optimalen medikamentösen inhalativen Therapie werden auch nichtmedikamentöse Maßnahmen empfohlen. Breyer-Kohansal abschließend: „Dabei handelt es sich zum Beispiel um Asthmaschulungen, bei denen die Patienten lernen, ihre Symptome und auch Auslöser für Asthma-Anfälle besser einzuschätzen, dementsprechend Maßnahmen zu ergreifen und ihr Asthma dadurch selbst besser kontrollieren zu können. Und im Sinne der Prävention sei auch noch auf die Wichtigkeit der Infektvermeidung durch entsprechende Impfungen hingewiesen.“
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