Das Impfdilemma

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Die geringen Erkrankungsraten sowie die manchmal vorkommenden Nebenwirkungen verursachten in Österreich zunehmende Impfmüdigkeit. Jedoch solange eine Krankheit generell nicht weltweit ausgelöscht wurde, sollten sich auch in Österreich vor allem chronisch kranke und ältere Menschen sowie Kinder impfen lassen. Dies gilt in der kalten Jahreszeit vor allem für die Grippeimpfung. Denn wenn sie auch nicht zu 100 Prozent schützt, verringern sich doch die Ansteckungsmöglichkeiten.

Da es in Österreich nicht so viele impfpräventable Erkrankungen gibt, meinen viele Menschen, dass das Risiko einer Erkrankung klein wäre. „Das stimmt aber nicht“, entgegnet Prim. Univ.-Prof. Dr. Reinhold Kerbl, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde. „Denn würden wir mit der Impfung aufhören, dann hätten wir im nächsten Jahr nicht 70 oder 80 Masernfälle, sondern 2.000 oder 3.000.“

Weltweiter Zusammenhang

Impfungen müssen somit immer im weltweiten Zusammenhang gesehen werden. Denn solange eine Krankheit nicht in allen Ländern komplett ausgemerzt wurde – wie das bei den Pocken seit 1981 der Fall ist – sind Impfungen nach wie vor notwendig. „Man hat ursprünglich gehofft, dass Polio bis 2000 ausradiert sein würde. Doch gibt es leider einzelne Länder, die sehr impfskeptisch sind und Polio nicht impfen lassen“, verdeutlicht Prim. Univ.-Prof. Dr. Reinhold Kerbl. „Daher: Auch wenn es bei uns keine Fälle mehr von Kinderlähmung gibt, können wir nicht mit der Impfung aufhören, die Erkrankung würde ansonsten wieder vermehrt ausbrechen. Sobald eine Krankheit wieder verstärkt ausbricht, steigt jedoch auch in Österreich die Impffreudigkeit, wie man heuer auch am Beispiel der Masernepidemie feststellen konnte.“

Impfberatung einfordern!

Impfskeptiker, Medienberichte oder das Internet haben in den letzten Jahren mehr Unsicherheit und Impfskepsis in der Bevölkerung verbreitet. Grund dafür ist die oft zu kurze und ungenügende Impfaufklärung und -beratung seitens der Ärzte. Deshalb sollten Eltern und Betroffene diese unbedingt beim Arztgespräch einfordern und alle ihre Befürchtungen besprechen.

„Der Unsicherheit entgegenwirken kann man nur durch gute Beratung“, so der Experte. „Die Impfberatung dauert in Österreich durchschnittlich sechs Minuten, das ist definitiv zu kurz. Eltern müssen das Risiko und den Nutzen kennen – der Nutzen überwiegt sowieso. Sie müssen ihre Bedenken äußern können, was es zum Beispiel mit dem Aluminium auf sich hat, oder was eine Sechsfachimpfung ist und warum sie nicht riskanter ist als eine Einzelimpfung. Wichtig dabei ist absolute Ehrlichkeit. Denn ich weise zum Beispiel auch darauf hin, dass die Influenzaimpfung nicht zu 100 Prozent schützt, man aber dennoch weniger Risiko hat, eine Grippe zu bekommen“, betont Reinhold Kerbl.

Aufwind 05/19