Medizinische Begriffe und Zusammenhänge verstehen

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Als Selbsthilfeorganisation sind wir stets bemüht, das Arzt-Patienten-Verhältnis auf Augenhöhe zu fördern, sodass alle Patienten über sämtliche Details ihrer Therapie und auch über Zusammenhänge Bescheid wissen. Im medizinischen Alltag haben Ärzte oft zu wenig Zeit für genaue Erklärungen. Zudem werden nicht selten medizinische Begriffe verwendet, die für Laien unverständlich sind. Aber das Wissen um seine Erkrankung und dadurch mögliche Mitsprache im Arztgespräch fördern erwiesenermaßen die bessere Einhaltung der Therapie und damit die Lebensqualität der betroffenen Menschen. In diesem Sinn werden in unserem Magazin Aufwind sowie hier der auf der Webseite regelmäßig Begriffe und Themen dazu erklärt.

Was ist eine Lungenfibrose?

Lungenfibrose ist ein Sammelbegriff für mehr als 200 verschiedene, meist sehr seltene Erkrankungen der Lunge. Betroffen ist das Interstitium (lat. für Zwischenraum) der Lunge. Nicht immer, aber oft kommt es – durch eine Entzündung ausgelöst – zu einem Umbau, also zu einer Fibrosierung (Vernarbung mit einer hohen Gewebeablagerung). Dies führt zu einem Verlust der Lungenbläschenstruktur. Dadurch wird der Gasaustausch gestört, also die Sauerstoffaufnahme und die CO2-Abgabe funktionieren nicht mehr gut. Dieser Prozess kann, wenn er einmal fibrosierend (vernarbt) ist, leider nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Ganz wichtig ist: Lungenfibrose ist nicht gleich Lungenfibrose.

Es gibt sehr viele Ursachen. Bei der Lungenfibrose handelt es sich meist um die Idiopathische Lungenfibrose (von griechisch idios – „selbst“ und pathos – „Leiden“). Für diese gibt es keine Ursachen. Da diese Krankheit sehr selten ist (Häufigkeit von weniger als 50 pro 100.000 Einwohnern), wird die Lungenfibrose meist erst nach zwei Jahren vom Arzt erkannt. Es gibt aber die Möglichkeit, mit Medikamenten Patienten antifibrotisch zu behandeln und damit den Lungenfunktionsverlust und das Voranschreiten der Lungenfibrose zu verlangsamen. Man kann damit aber nur das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten, diese jedoch nicht heilen. Die einzige Möglichkeit einer Heilung wäre die Lungentransplantation.

Was bedeutet signifikant?

In der Umgangssprache verwendet man signifikant für „wichtig“, “deutlich” oder „erheblich erkennbar“. In der Statistik meint der Begriff signifikant, dass der Unterschied zu groß ist, um noch als zufällig gelten zu können. Ärzte oder Wissenschaftler verwenden den Begriff bei Studien. Dabei gibt die Signifikanz Aufschluss darüber, wie stark Stichprobendaten von einer vorher festgelegten Annahme abweichen. Z.B.: Medikament A ist bei Asthma signifikant besser als Medikament B. Medikament A ist dann als neues Medikament eine Option für die Behandlung. Dabei kommt es aber auf sehr viele Zusatzinfos an – etwa die Patientenanzahl oder das Verfahren zur Auswahl der Patienten.

Was ist eine randomisierte Studie?

Random im Englischen bedeutet zufällig. Eine randomisierte Studie ist ein spezieller Typ einer experimentellen Studie, die es erlaubt, den Nutzen oder Schaden einer Behandlung oder eines Medikamentes zu untersuchen. Die Studienteilnehmer werden per Zufall unterschiedlichen Gruppen zugeordnet, sodass nicht vorhersehbar ist, wer in welche Gruppe kommt. Bei einer doppelblinden Studie wissen weder Arzt noch Patienten, wer welches Medikament bekommt. Die Randomisierung (also zufällige Aufteilung) der Patienten muss dabei nach einem Zufallssystem passieren: heute meist durch Computerprogramme.

Wofür genau ist die „Partikelgröße“ ein Kriterium bei Trockenpulverinhalatoren?

Bei Krankheiten wie Asthma, COPD oder anderen Atemwegserkrankungen werden vom Arzt Inhalatoren verordnet, um die Medikamente direkt in die Luge zu bringen, wo sie besser wirken. Man unterscheidet drei Typen von Inhalationsgeräten: Dosieraerosole („Sprays“), Pulverinhalatoren und elektrische Vernebler. Dosieraerosole und die Pulverinhalatoren werden am häufigsten eingesetzt. Bei den Pulverinhalation ist nicht nur die Menge des Arzneistoffs wichtig, sondern auch, wie groß die Teilchen des Medikaments sind, die Sie durch den Inhalator in der Lunge aufnehmen. Ein Teilchen mit einem Durchmesser von 1 bis 5 µm (Mikrometer) kommt gut an den Wirkort tief in der Lunge. Teilchen mit einem mittleren Durchmesser bleiben in den oberen Atemwegen (Nase, Mund und Rachen) hängen, bevor sie in die Lunge kommen. Und zu kleine Teilchen werden gleich wieder ausgeatmet.

Was bedeutet “Shared-Decision-Making” für Patienten? 

Shared Decision-Making (englisch für gemeinsame oder partizipative Entscheidungsfindung) ist ein neuer Ausdruck für das Verhältnis zwischen Arzt und Patient. Jede Entscheidung bei der medizinischen Behandlung und Therapie (also auch Medikamente) sollen durch Arzt und Patient gemeinsam und gleichberechtigt erfolgen. Beide Gesprächspartner stellen und beantworten Fragen und entscheiden gemeinsam. Das setzt allerdings voraus, dass der Patient ebenso gut informiert ist wie der Arzt, ihn der Arzt also auch umfassend informiert und aufklärt. Oftmals ist der Arzt als “Gott in Weiß” bisher der alleinige Entscheider, der Patient vollkommen unwissend und auch überfordert mit medizinischen Fachbegriffen und der Informationsflut. Das soll sich ändern!

Was ist mit großen Atemwegen oder kleinen Atemwegen gemeint?

Die Atmung beginnt mit Nase, Mund und setzt sich über die Atemwege bis zur Lunge fort. Der größte Atemweg ist die Luftröhre. Diese verzweigt sich in die zwei kleineren Atemwege der rechten und linken Bronchien, die wiederum zu dem jeweiligen Lungenflügel führen. Als Bronchien werden die luftleitenden Teile der Lunge bezeichnet. Gemeinsam mit der Luftröhre bilden sie die unteren Atemwege. Jeder Lungenflügel ist in Abschnitte (Lungenlappen) unterteilt. Der rechte Lungenflügel besteht aus drei und der linke aus zwei Lungenlappen (weil sich dort auch das Herz befindet).

Die Bronchien selbst verzweigen sich viele weitere Male in kleinere Atemwege und enden in den engsten Atemwegen (Bronchiolen), die im Durchmesser nur etwa einen halben Millimeter weit sind. Die Atemwege in der Lunge ähneln einem auf den Kopf gestellten Baum. Daher wird dieser Teil des Atmungssystems häufig auch Bronchialbaum genannt. Große Atemwege werden durch Knorpel offengehalten. Kleinere Atemwege werden durch das umliegende und mit ihnen verbundene Lungengewebe gestützt. Die Wände der kleineren Atemwege sind mit einer dünnen, ringförmigen Schicht aus glatten Muskeln ausgekleidet. Die Muskulatur der Atemwege kann sich ausdehnen oder zusammenziehen und so die Größe der Atemwege verändern.

Was sind Exazerbationen?

Mit dem Begriff Exazerbation können die wenigsten Patienten etwas anfangen. Das Wort stammt aus dem Latein und bedeutet „aufbringen“, „aufstacheln“. In der Medizin ist damit eine deutliche Verschlechterung des Krankheitsbildes bei einer chronisch verlaufenden Erkrankung gemeint. Die COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) ist eine derartige chronische Krankheit, die andauert und nicht geheilt werden kann. Eine laufende Therapie ist aber sinnvoll, damit es zu keiner weiteren Verschlechterung kommt. Als „akute Exazerbation“ wird dementsprechend eine plötzliche Verschlechterung bezeichnet, wenn die drei Leitsymptome – Auswurf, Husten und Atemnot – gleichzeitig auftreten. Patienten sprechen eher von einer massiven Verschlechterung, einem Anfall oder einer Krise.

Was sind Allergene?

Ein Allergen ist ein Antigen, also eine Substanz, die vom Immunsystem als „fremd“ erkannt und daraufhin bekämpft wird. Die Folge sind Überempfindlichkeitsreaktionen (allergische Reaktionen). Dies passiert indirekt über das Immunsystem, das eigentlich als Abwehrsystem unseres Körpers alle Krankheitserreger oder deren Gifte abwehren will.

Das Immunsystem allergischer Patienten reagiert jedoch mit der Bildung von IgE-Antikörpern auf den Kontakt mit Allergenen. Immunglobulin E (IgE) ist ein Antikörper, der vor allem mit seiner Schlüsselrolle bei Heuschnupfen oder allergischem Asthma zusammenhängt. Häufig enthalten Nahrungsmittel solche Allergene (Kuhmilch, Eier, Sojabohnen, Nüsse, Weizen, Fisch, Obst Gemüse). Probleme bereiten aber auch Tierhaarallergene oder Pollenallergene beim Einatmen. Allergene haben leider keine chemischen Gemeinsamkeiten. Darum ist es nicht möglich, ein Medikament zu entwickeln, das alle Allergene zerstört.

Was hat Neurodermitis mit Allergie zu tun?

Die Neurodermitis (atopisches Ekzem, atopische Dermatitis) ist eine chronische entzündliche Haut­erkrankung. Chronisch bedeutet dabei, dass die Krankheit lang andauert und nicht vollständig geheilt werden kann. Die Entzündung ist eine körpereigene Reaktion auf schädliche Reize. Die Neurodermitis tritt meist schon in der frühen Kindheit auf, bis zu 20 Prozent sind betroffen. Menschen, die unter Neurodermitis leiden, haben ein besonders empfindliches Immunsystem, welches auf Hausstaubmilben, Blütenpollen, Tierhaare oder Nahrungsmittelallergene reagiert.

Die Ursachen der Neurodermitis sind aber auch eine gestörte Barriere­funktion (Schutzwall gegenüber der Umwelt) der Haut und eine vererbte Neigung des Immunsystems, überschießend auf harmlose Reize zu reagieren. Kinder, die unter der Hauterkrankung Neurodermitis leiden, sind doppelt so stark gefährdet wie Gesunde, im Lauf ihres Lebens auch an Asthma zu erkranken. Deshalb sollte die Krankheit frühzeitig und konsequent behandelt werden.

Was ist die “atopische Trias”?

Unter der „atopischen Trias“ sind drei allergische Krankheiten zusammengefasst – Neurodermitis (atopische Dermatitis), Allergie und allergisches Asthma. Die Ursachen für diese Erkrankungen sind entweder genetische Faktoren (vererbt) oder Umweltfaktoren (Luft, Ernährung). Von einer Atopie spricht man, wenn eine genetische Bereitschaft besteht, auf aerogenen (Atmung), gastroi­ntestinalen (Magen-Darm-Trakt) oder kutanen Kontakt (Hautkontakt) auf natürliche oder künstliche Umweltstoffe mit gesteigerter IgE-Bildung zu reagieren.

Als Immunglobulin E (IgE), bezeichnet man eine Unterklasse von Antikörpern, die im menschlichen Körper gebildet werden. Ihre wesentliche Funktion ist die Abwehr von Parasiten (Tiere, Pflanzen, Pilze oder Bakterien). Das wäre durchaus wünschenswert. Aber bei einer Allergie-bedingten Überempfindlichkeitsreaktion des Immunsystems werden IgE-Antikörper gegen nur vermeintlich gefährliche Stoffe (Pollen, Nahrungsmittel) gebildet. Schon beim nächsten Kontakt erinnert sich das Immunsystem und erkennt diesen Stoff wieder. Dann entstehen wieder im Körper diese IgE-Antikörper, die für die Vermittlung der allergischen Reaktionen verantwortlich sind. Dies kann zu Neurodermitis (atopische Dermatitis), Allergie oder sogar allergischem Asthma führen. Menschen mit einer Neurodermitis bekommen auch häufiger eine Allergie oder später ein allergisches Asthma. Deshalb es wichtig, rechtzeitig eine Therapie dagegen zu starten.

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