Neue Therapien: Sport mit schwerem Asthma wieder möglich

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Ein Großteil aller Asthmapatienten spricht hervorragend auf die modernen inhalativen Therapien an. Bei rund fünf Prozent der Patienten lässt sich die Krankheit aber trotz hochdosierter inhalativer Behandlung nicht ausreichend kontrollieren. Diese Patienten haben weiterhin Beschwerden, eine eingeschränkte Lungenfunktion, eine schlechte Lebensqualität und Asthmakontrolle und häufige Verschlechterungen. Gerade diese Verschlechterung oder Exazerbation gilt es aber zu vermeiden. Die positive Botschaft: Auch schweres Asthma ist behandelbar, denn neue Medikamente können auch bei diesen schweren Fällen helfen.

Asthma bronchiale ist eine heterogene Erkrankung, die durch eine chronische Atemwegsentzündung charakterisiert ist. Heterogen deshalb, weil Asthma in unterschiedliche Verlaufsformen eingeteilt werden kann. Patienten reagieren unterschiedlich zum Beispiel auf Pollen, Tierhaare, Parfüm oder Hausstaubmilben. „Somit ist auch eine unterschiedliche Ausprägung von Symptomen, Entzündungsreaktionen, aber auch auf das Ansprechen der Therapie nachzuweisen“, erklärt Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Pohl, Leiter der Abteilung für Atmungs- und Lungenerkrankungen im KH Hietzing.

Vorweg muss differenziert werden, ob ein schwer behandelbares oder ein schweres Asthma beim Patienten das Problem einer schlechten Kontrolle darstellt. Beim schwer behandelbaren Asthma kann die Asthmatherapie nicht die volle Wirkung entfalten, weil bestimmte Faktoren dies verhindern. Wolfgang Pohl: „Dabei kann es sich um Begleiterkrankungen handeln, chronische Rhinitis oder Sinusitis, eine Refluxerkrankung, psychosoziale Faktoren oder eine Schlafapnoe. Sehr oft nimmt auch der Patient seine Medikamente nicht regelmäßig ein oder raucht weiterhin.“ Wurden diese Faktoren erkannt bzw. beseitigt und die Erkrankung kann dennoch nicht unter Kontrolle gebracht werden, spricht man von schwerem Asthma.

Asthma-Therapie wirkt nicht

Trotz der hochdosierten Asthma-Standard-Therapie mit inhalativem Kortison, langwirksamem Betamimetikum und Tiotropium haben diese Patienten weiterhin Beschwerden, eine eingeschränkte Lungenfunktion, eine schlechte Lebensqualität und Asthmakontrolle und häufige Verschlechterungen. „Gerade diese Verschlechterung oder Exazerbation gilt es aber zu vermeiden“, so der Experte. Sie wirken sich massiv auf die Gesamtsituation der Asthma-Krankheit aus. Beim schweren Asthma ist die Exazerbation umso schlimmer, denn jede Exazerbation bringt eine dramatische Verschlechterung der Lungenfunktion – und diese korreliert mit dem Fortschreiten der Erkrankung. Dieses fatale Gesamtgeschehen kann man aber sehr wohl beeinflussen – durch neue Medikamente beim schwerem Asthma.

Allergie oder Eosinophile?

Entscheidend ist dabei, ob es sich um ein schweres allergisches Asthma oder ein schweres eosinophiles Asthma handelt. Beim schweren allergischen Asthma zeigt sich die klassische Karriere eines Allergikers – mit allergischer Rhinitis, also Heuschnupfen, aber auch Hautveränderungen. Diese Patienten haben eine anhaltende Symptomatik trotz Therapie. Dabei spielen spezielle Immunglobuline eine wichtige Rolle. Wolfgang Pohl: „Die kann man aber mit einem Antikörper blockieren, der alle zwei bis vier Wochen als Injektion verabreicht wird. Diese Therapie ist reserviert für Patienten mit Allergie.“ Passt der Patient für dieses Medikament, kann die Krankheitsverschlechterung gestoppt werden. Notfallvisiten, Hospitalisierung oder ungeplante Arztkontakte können dadurch um rund 50 Prozent gesenkt werden.

Andererseits gibt es das schwere eosinophile Asthma. Bei der Entwicklung dieser Asthmaform spielen vor allem Virusinfekte, Umweltfaktoren, Autoabgase oder auch Rauchen eine Rolle. Eosinophile sind normale Blutzellen, die jeder Mensch hat, aber beim Asthmatiker kommen sie gehäuft vor. Man kann sie im Blutbild und im Sputum nachweisen. Wolfgang Pohl: „Für die Vermehrung dieser Zellen ist Interleukin-5, ein Botenstoff, ganz wesentlich verantwortlich. Dadurch treten Eosinophile in der Lunge gehäuft auf.“ Seit einigen Jahren gibt es zwei Substanzen, die entweder intravenös oder subkutan (unter die Haut) verabreicht werden, die diese Eosinophilen gezielt blockieren.

Seit Kurzem ist eine neue Substanz verfügbar, die ebenso subkutan verabreicht wird. Sie wendet sich jedoch an den Rezeptor und blockiert diesen. Dadurch wird nicht nur die Interleukin-5-Wirkung unterbunden, sondern dies führt auch zu einem frühzeitigen Absterben der Eosinophilen.

Inhalatives Kortisonauch für Kinder

Wolfgang Pohl: „Alle drei Substanzen sind eine Bereicherung für die Therapie des schweren Asthmas. Einerseits können wir das systemische Kortison – also jenes zum Schlucken – bei diesen Patienten reduzieren, andererseits merken wir eine steigende Lebensqualität, weniger Exazerbationen und eine bessere Asthmakontrolle.“

Wichtig ist, den Unterschied beim Kortison zu kennen. „Inhalatives Kortison ist nicht gefährlich. Das gilt auch für Kinder“, so der Experte. Bei Asthma gibt es einen Entzündungsprozess und dagegen brauchen wir das inhalative Kortison, das auch keine Nebenwirkungen hat.
Im Unterschied benötigen Patienten beim schweren Asthma systemisches Kortison – oft sogar kontinuierlich über lange Zeit. Diese orale Kortisongabe ist viel höher dosiert und hat massive Nebenwirkungen, die recht bald in Form von Haut- oder Knochenveränderungen sowie Magenbeschwerden auftreten.

Orales Kortison stufenweise reduzieren

Alle neuen Therapien werden zusätzlich zur inhalativen Standardtherapie verabreicht. Ziel ist es aber, das orale Kortison zu reduzieren oder gar wegzulassen. „Aber man darf nicht sofort aufhören: Die Patienten müssen sich ein bisschen gedulden, damit sie nicht sofort ins nächste asthmatische Chaos stürzen“, so der Lungenfacharzt. Eine schrittweise Reduktion des oralen Kortisons erhöht sogar die Wahrscheinlichkeit, dass man davon ganz wegkommt. Der Vorgang dauert aber drei bis vier Wochen.
Die wichtige und motivierende Botschaft lautet: Auch schweres Asthma ist behandelbar. Wolfgang Pohl: „Die Patienten mit schwerem Asthma gewinnen vor allem eine bessere Lebensqualität. Viele Tätigkeiten, wie Spazierengehen, Tennisspielen oder sogar Skifahren, sind wieder möglich.“

Aufwind 01/18