Kinder und die COVID-19-Pandemie

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Rund eineinhalb Jahre „Corona-Pandemie“ liegen hinter uns und haben das Leben weltweit verändert. Die Pandemie ist nach wie vor das alles bestimmende Thema. Auf der Jahrestagung der österreichischen Lungenfachärzte in Wien wurden die neuesten Forschungserkenntnisse zu COVID-19 und Kindern vorgestellt: Wie gefährlich kann COVID-19 für Kinder sein? Wie hoch ist das Risiko, dass sich Kinder anstecken? Macht eine Impfung Sinn?

Das Resümee der Lungenfachärzte beim Kongress lautet, dass eine akute Corona-Erkrankung für Kinder ohne Grunderkrankung in der Regel nicht sehr bedrohlich ist. Anders ist das bei Kindern mit schwerer Grunderkrankung (v.a. mit neuromuskulären Erkrankungen) oder beim sogenannten Hyperinflammationssyndrom. Letzteres kann drei bis sechs Wochen nach einer SARS-CoV-2-Infektion auftreten und ist durch eine Multiorganbeteiligung gekennzeichnet. Aus österreichischen Untersuchungen weiß man, dass etwa eines von 1.000 infizierten Kindern/Jugendlichen ein Hyperinflammationssyndrom entwickelt. Andere Quellen sprechen von einer betroffenen Person unter 4.000 bis 5.000 infizierten Kindern/Jugendlichen.

Wie hoch ist das Risiko, dass sich Kinder anstecken?

Prim. Univ.-Prof. Dr. Ernst Eber, MedUni Graz: „Weiterhin ist klar, dass Kinder seltener erkranken als andere Altersgruppen. Allerdings kann sich die relative Häufigkeit der Erkrankungsfälle bei Kindern aufgrund der Impfung von höheren Altersgruppen verschieben.“ Ob das Risiko für eine Infektion für Kinder tatsächlich geringer ist als für ältere Personen, ist noch immer nicht restlos geklärt. Neben zahlreichen Daten, die ein geringeres Infektionsrisiko zeigen, gibt es inzwischen auch einige Studien, die auf ein ähnliches Infektionsrisiko von Kindern und Erwachsenen hindeuten. Ähnliches gilt für das von Kindern ausgehende Ansteckungsrisiko. Jedoch zeigt auch hier weiterhin die Mehrheit der Studien eher ein geringeres Risiko.

Die Virusvarianten von SARS-CoV-2 sind wohl auch für Kinder ansteckender, Hinweise auf einen schwereren Verlauf bei Kindern und Jugendlichen gibt es aber bisher nicht.

Klar ist auch: Kinder sind keine Pandemie-Treiber. Das zeigen Studien, Cluster-Analysen und Schultests (selten Cluster trotz einzelner positiver Fälle). Super-Spreader (einzelne Infizierte, die eine Vielzahl von anderen Personen infizieren) sind die wesentlichen Pandemie-Treiber, Kinder wurden bisher nicht als Super-Spreader berichtet.

Long COVID auch bei Kindern

Prof. Eber: „Wir wissen heute, dass Long COVID auch bei Kindern auftreten kann.“ Wie bei Erwachsenen werden Symptome, welche durch eine SARS-CoV-2-Infektion verursacht werden und nach mehr als vier Wochen weiter bestehen, als „Ongoing COVID“ bezeichnet – und Symptome über drei Monate hinaus als „Post COVID“. „Ongoing COVID“ und „Post COVID“ werden unter dem Begriff „Long COVID“ subsummiert und umfassen ein Spektrum von geringen Befindlichkeitsstörungen bis hin zu massiven Einschränkungen.

Neu ist auch die Impfung für Kinder ab 12 Jahren mit den beiden mRNA-Impfstoffen Comirnaty® und Spikevax®. In den USA wurden bereits mehr als 10 Mio. Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 16 Jahren voll immunisiert. Das Risikoprofil bzw. die Reaktogenität sind ähnlich wie bei jungen Erwachsenen. In den USA wird die Zulassung von Comirnaty® (mit einem Drittel der Erwachsenendosis) ab 5 Jahren für Oktober 2021 erwartet. Derzeit sind Kinder unter 12 Jahren die einzige ungeimpfte Gruppe; damit steigen die Fallzahlen in dieser Altersgruppe – v.a. in Relation zu den (teilweise) geimpften anderen Altersgruppen – und werden noch weiter steigen.

Impfungen von Kindern sind wichtig für den Individualschutz – zur Verhinderung (seltener) schwerer Verläufe und des (seltenen?) „Long COVID“ – und für den Gemeinschaftsschutz (auch um Quarantänen zu verhindern). Solange eine umschriebene Bevölkerungs-(Alters-)gruppe nicht geimpft ist, wird das Virus dort grassieren (auch wenn alle anderen Altersgruppen geimpft wären). Daher sind Impfungen v.a. wichtig für Kinder mit Risikofaktoren, aber auch für ältere Kinder und Jugendliche, weil diese ein höheres Risiko für protrahierte Verläufe und die Entwicklung eines Hyperinflammationssyndroms haben als jüngere Kinder. Bezüglich der Impfung jüngerer Kinder muss man sich die Sicherheitsdaten und Anwendungserfahrungen (die es zum Zeitpunkt einer möglichen EU-Zulassung wahrscheinlich aus den USA schon geben wird) ansehen, um eine Nutzen-Risiko-Bewertung vorzunehmen.

Kinder mit Asthma scheinen kein relevant erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion zu haben. Ging man vor einem Jahr davon aus, dass der Verlust von Geschmacks- und Geruchssinn bei Kindern untypisch sei, zeigte sich, dass Geruchs- und Geschmacksstörungen doch auch bei Kindern (v.a. älteren Kindern und Jugendlichen) auftreten.

Schulen sollen offenbleiben

Es ist der Mehrheit der Entscheidungsträger klar geworden, dass Schulschließungen Kindern und Jugendlichen mehr Schaden zufügen als die Erkrankung und daher ein klarer Konsens besteht, dass Schulen geöffnet bleiben sollen. Da vulnerable Gruppen sich durch Impfungen schützen können, ist es nicht mehr notwendig, Schulen für den Gemeinschaftsschutz zu schließen. Durch regelmäßige Schultests können größere Cluster in Schulen verhindert werden. Als Nebeneffekt werden durch das anschließende „contact tracing“ Cluster in den Familien, aus denen die Infektionen häufig kommen, identifiziert. Eine – evtl. durch das Schul-Screening – bei Schulkindern nachgewiesene Infektion ist nicht gleichbedeutend mit einer in der Schule akquirierten Infektion.