Aus den bislang vorliegenden Untersuchungen gibt es erste Hinweise darauf, dass Menschen mit der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung COPD ein höheres Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben und auch häufiger an den Folgen versterben als Lungengesunde. Jedoch erkranken COPD-Betroffe nicht unbedingt häufiger an COVID-19. Dazu im Interview Prim. Dr. Sylvia Hartl, Klinik Penzing.
Menschen mit COPD sind besonders gefährdet, bei einer COVID-19 Infektion einen schweren Verlauf durchzumachen, stimmt das? Welche Erkenntnisse haben wir bis jetzt in Bezug auf COVID-19 und COPD? Was tun bei einem positiven COVID-19 Ergebnis?
Die Erkenntnisse zu COPD und COVID zeigen, dass COPD-Patienten nicht häufiger erkranken, aber einen schweren Verlauf haben und auch circa dreimal so häufig an COVID versterben wie Lungengesunde. Besonders gefährdet ist man, wenn man ein aktiver Raucher ist, wenn man Bluthochdruck hat, schweres Übergewicht oder zusätzlich Diabetes. Wenn man also COVID-positiv ist, ist es ganz wichtig, dass man natürlich die Quarantäne einhält, aber sofort mit seinem Facharzt, seinem Lungenfacharzt, Kontakt aufnimmt und schaut, dass seine chronische Entzündung – die COPD – gut eingestellt ist.
Worauf ist dieses erhöhte Risiko zurückzuführen?
Das erhöhte Risiko für virale Infekte liegt daran, dass Andockstellen für Viren in der gesamten Lunge bis in die kleinsten Atemwege bei uns allen vorkommen. Hat man aber eine chronische Erkrankung wie COPD, sind gleichzeitig sehr viele aktivierte Immunzellen und Entzündungszellen da, und diese können das Andocken, das Eindringen und sogar die Vermehrung der Viren begünstigen.
Stellt das Tragen von Atemschutzmasken eine Gefährdung für COPD-Patienten dar? Welche Alternativen gibt es? Was soll ich speziell auch in Zukunft unbedingt beachten?
Atemschutzmasken sind kein erhöhtes Risiko, sie sind eine Erschwernis, weil sie einen Atemwegswiderstand haben, besonders diese, die virendicht sind. Es wird daher empfohlen, zum eigenen Schutz ein Gesichtsschild zu verwenden, damit auch die Augenschleimhaut und die Gesichtsfläche geschützt ist, und darunter kann man bei Bedarf, wenn man andere schützen muss, eine sehr viel dünnere Maske tragen. Für COPD-Patienten ist es in Zukunft daher besonders wichtig, Abstand zu halten und engen Kontakt nur mit dem Partner oder der direkten Familie, die gesund sind, zu halten. Dann ist der Schutz für einen selber am besten gegeben.
An wen soll ich mich bei Fragen wenden? Habe ich ein erhöhtes Risiko mich anzustecken, wenn ich zum Arzt gehe oder soll ich besser anrufen?
Wenn man zum Arzt geht – das ist wichtig, wegen der Untersuchungen – dann soll man die Untersuchung gut planen. Wichtig ist, dass man nicht lange in Wartezonen sitzen muss. Der Lungenfacharzt ist aber ein ganz wichtiger Ansprechpartner, denn nur eine gut kontrollierte Erkrankung verringert dieses Gefährdungspotential für COPD-Patienten. Insbesondere Menschen, die inhalatives Cortison brauchen, dürfen dieses nicht einfach aus Angst absetzen und sollen es auch nicht ungezielt steigern. Und es ist sehr schwierig zu beantworten, dass Cortison als Tabletten geschluckt gefährlich ist, und daher muss der Lungenfacharzt hier die Entscheidung treffen und häufig den Patienten untersuchen.
2020-08-10