Auseinandersetzung mit Angst

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Ein junges Mädchen mit großen Augen bedeckte ihren Mund mit den Händen und sah erschrocken zur Seite. Nahansicht. Credit: Canva

“Chronische Krankheiten, aber auch Covid-19, können Angst und Unsicherheit auslösen”, weiß Ing. Bernadette Simml. Im Rahmen des Jour fixe der Österreichischen Lungenunion verriet die Psychotherapeutin und Diplomsozialarbeiterin Tipps, wie Menschen mit chronischen Krankheiten besser umgehen und welche Ängste dabei auftreten können – aber auch, welche Unterstützung möglich ist.

Angst – unser Alarm- und Abwehrsystem

Angst zählt zu den wichtigsten Gefühlen, mit denen wir ausgestattet sind. Sie schützt uns vor Gefahr und dient als Signal, dass Entwicklungsschritte anstehen: Etwa bei Jugendlichen im Übergang ins Erwachsenenleben, bei einem Jobwechsel und einer Trennung, vor einem Umzug und auch bei einer Krankheitsdiagnose. Wenn wir an einer Schwelle stehen und das Alte noch nicht abgeschlossen ist, wir aber im Neuen noch nicht wirklich angekommen sind, begleitet uns Angst. Dieses Gefühl ist sowohl lebenserhaltend als auch motivierend und unterstützend.

Wenn sich die Angst selbständig macht

Angst, die sich verselbständigt und unser Leben stark bestimmt, kann quälen oder lähmen und anstatt zu Entwicklung zu Einschränkung führen. So entwickelt rund jeder Vierte im Laufe des Lebens eine Angststörung, die mit dem Gefühl der Enge, Atemnot, Herzrasen oder Schwindel einhergehen kann. Oft folgt darauf die Furcht, zu sterben, die Kontrolle zu verlieren oder “wahnsinnig” zu werden. Da viele Betroffene angstauslösende Orte und Situationen vermeiden, kommt es bisweilen zum sozialen Rückzug und in weiterer Folge zu mangelndem Vertrauen in die eigenen Stärken und einem geringeren Selbstwert. Eine unbehandelte Angststörung kann sich immer weiter verselbständigen – es kommt dabei gewissermaßen zur “Angst vor der Angst”.

Da sich Angststörungen meist nicht alleine durch Willensanstrengung besiegen lassen, ist eine ärztliche Abklärung besonders wichtig. Zuerst gilt es, die Angst zu akzeptieren. Anschließend wird sie an der Wurzel gepackt: Mit Psychotherapie, speziellem Training und/oder Medikamenten wird der Angst schließlich zu Leibe gerückt.

Anst bei Lungenkrankheit

Menschen mit Lungenfunktionsstörungen zeigen bei Atemnot eine natürliche Reaktion: Angst! Gerade hier gilt es, den schmalen Grad zwischen “gesunder Angst” und einem Rückzugsverhalten zu beobachten und mit der Angst zu leben. Professionelle Unterstützung kann gerade bei Menschen mit Lungenerkrankungen Gold wert sein.

Angst vor Covid-19

Die Angst vor einer Covid-19-Infektion ist allgegenwärtig. Doch bei Menschen, die schon vor der Pandemie an einer Angststörung gelitten haben, können sich die Symptome verschlimmern. In dieser unsicheren Zeit ist es nicht einfach, reale Ängste von pathologischen (krankheitswertigen) Ängsten zu unterscheiden. Auch wenn es noch keine Langzeitstudien über die Auswirkungen der Pandemie auf die psychische Gesundheit gibt, zeigen erste Erhebungen, dass Depression, Angst und andere psychische Erkrankungen in den strengen Lockdown-Phasen zugenommen haben.

“Leben Sie nicht so, als würde das Leben erst nach der Krise wieder weitergehen! Nehmen Sie diese Zeit als wichtig und versuchen Sie, bewusst zu leben!”, appelliert Bernadette Simml.

Jour fixe der Österreichischen Lungenunion