Für Menschen mit Asthma ist die richtige Therapie wesentlich, um die Erkrankung gut kontrollieren zu können. Bei einem Webinar der österreichischen Lungenunion informierte Univ. Prof. Dr. Wolfgang Pohl, Facharzt für Lungenkrankheiten und Generalsekretär der Österreichischen Lungenunion, über die Entwicklung der Asthma-Therapie, stellte den Stufenplan für eine gemeinsame Therapie-Entscheidung vor, klärte über die Biologika auf und führte uns in die neue Ära der Asthma-Remission (Asthma ohne Exazerbationen) ein.
Die Entwicklung der Asthma-Therapie
Asthma ist eine komplexe Erkrankung mit vielfältigen Auslösern. Meistens befindet sich das allergische Asthma im Vordergrund. Doch es gibt auch andere Formen wie das eosinophile Asthma oder das nicht-allergische, nicht-eosinophile Asthma.
Im Mittelpunkt des allergischen, wie auch des nicht-allergischen Asthmas befinden sich die eosinophilen Granulozyten, die in einem Übermaß in den Atemwegen vertreten sind, sich dort versammeln und das Gewebe zerstören, wodurch eine chronische Entzündung mit entsprechender Symptomatik hervorgerufen wird. Prof. Pohl betonte: „Wesentlich dabei ist, dass das allergische Asthma und das eosinophile Asthma als Typ-2 immunologische Reaktion klassifiziert sind. Das bedeutet, dass hier typische und klinische Merkmale sowie Symptome nachgewiesen werden können. Daher ist eine zielgerechte Therapie erforderlich.“
Bereits im 18. Jahrhundert gab es den ersten Inhalator, vom Aussehen her ähnlich einer kleinen Teekanne, gefüllt mit Wasser und Opium. Der sogenannte „Nebuliser“ wurde anschließend im 19. Jahrhundert zu einer kleinen Sensation, indem er der erste transportable Inhalator war. Das 20. Jahrhundert brachte uns schließlich die bekannten Dosieraerosole, die nach wie vor erfolgreich in Verwendung sind.
Auch in Bezug auf die Substanzen zur Symptomprävention hat sich einiges getan: Während früher problemlos Kortison zum Schlucken (systemische Gabe) verschrieben wurde, wird heute zu Antikörpertherapieformen gegriffen. Cromone, Ephedrin, Methylxanthine waren Jahrzehnte lang in Gebrauch, wurden nun aber durch eine modernere Therapie abgelöst. Diese besteht aus inhalativen Glucocorticoiden (ICS), idealerweise in Kombination mit einem langwirksamen Beta 2 – Mimetikum (LABA). Dieses kann mit einem langwirksamen Anticholinergikum (LAMA) verstärkt werden. Der Gebrauch von Leukotrienantagonisten (LTRA) sollte hingegen vermieden werden. Nicht zu vernachlässigen ist jedoch die Allergenimmuntherapie. Obgleich die größte Erweiterung der letzten zehn Jahre die Biologika sind, womit vor allem das schwere allergische und das eosinophile Asthma sehr gut zu therapieren sind. In der Bedarfstherapie wurde von Adrenalin, Noradrenalin zu ICS/Formoterol (inhalativem Kortison und einem langwirksamen Beta 2 – Mimetikum) übergegangen, wobei das kurzwirksame Beta 2 – Mimetikum (SABA) ebenso in den Richtlinien kritisch diskutiert wird.
Der Stufenplan der Asthma-Therapie
Wesentlich in der Asthma-Therapie ist die gemeinsame Therapieentscheidung zwischen Patient:in und Ärzt:in. Hierzu dient das Stufenschema. Patient:innen mit seltenen Beschwerden umfassen die Stufe 1, in welcher Prof. Pohl eine Fixkombination aus ICS niedrigdosiert und einem Formoterol zur Therapie empfiehlt. Auch in der Stufe 2 ist diese Fixkombination der klare Therapiefavorit. Dabei werden in Österreich am häufigsten die beiden Medikamente Symbicort und Foster verschrieben, die Formoterol beinhalten. In begründeten Fällen könnte ein LTRA als Langzeittherapie mit einem SABA gegeben werden, was jedoch nicht als brauchbare Lösung angesehen wird. In Stufe 3 haben Patient:innen häufig Symptome pro Woche und sollten auf eine dauerhafte Therapie in Form eines ICS, niedrig oder mitteldosiert, mit einem LABA bevorzugt eingestellt werden (Kombinationpräparat). Patient:innen, welche auf modernere Substanzen von einem ICS und LABA eingestellt sind, erhalten ein SABA als Bedarfstherapie. In Stufe 4 wird nun ein mittel- bis hochdosiertes ICS plus LABA empfohlen. Ist das Asthma schwierig zu kontrollieren, kann die sogenannte Tripeltherapie eingesetzt werden. Hier wird zusätzlich ein LAMA verabreicht. Kurz ausgedrückt gibt es also einen Inhalator für alles, als Basistherapie und als Notfalltherapie. Patient:innen der Stufe 5 weisen eine sehr hohe Symptomlast vor und werden mit der Höchstdosis inhalativer Medikamente eingestellt. Auch ein Biologikum wird zu verabreichen überlegt, wenn Begleiterkrankungen und weitere Faktoren, die eine optimale Asthmakontrolle beeinflussen, ausgeschlossen wurden. Es wurde somit ein tatsächlich schweres Asthma von einem schlecht kontrollierbaren Asthma abgegrenzt. Prof. Pohl erklärte: „In den neusten Guidelines haben wir uns darauf geeinigt, dass die Biologika-Therapie vor einer systemischen Kortisontherapie (Kortison zum Schlucken oder als Infusion) verabreicht werden sollte. Diese Entscheidung ist uns nicht schwergefallen, weil wir von den fürchterlichen Nebenwirkungen des systemischen Kortisons wissen.“
Die richtige Therapie für mich
Die Therapie bei Patient:innen mit mildem Asthma kann nun entweder die Inhalation von niedrigdosiertem ICS bei Bedarf mit Formoterol bei Symptomen umfassen oder die regelmäßige Einnahme von niedrigdosiertem inhalativen Kortison mit einem SABA bei Symptomen. Prof. Pohl warnte: „Der bekannte blaue Inhalator, die SABA-Therapie, darf auf keinen Fall alleine verwendet werden, wir müssen uns hier auf die Patient:innen verlassen, regelmäßig das inhalative Kortison dazu zu inhalieren.“ Nähere Informationen zu den Hintergründen können hier nachgelesen werden: https://www.lungenunion.at/blauer-inhalator/
Bei einer fortgeschrittenen Phase des Asthmas (mittelgradiges bis schweres Asthma) dient die Fixkombination von ICS mit Formoterol als Erhaltungs- und Bedarfstherapie. Patient:innen, die mit neuartigeren Inhalatoren eingestellt sind, nehmen dauerhaft ICS und LABA ein. Bei Symptomen wird zusätzlich SABA als Bedarfstherapie eingesetzt.
Diagnose schweres Asthma und Phänotypisierung (Charakterisierung der Verlaufsform)
Kommen Patient:innen aber mit einer inhalativen Therapie nicht aus, kann die passende Therapie in einem Asthma-Zentrum evaluiert werden. Zunächst wird erfasst, ob tatsächlich Asthma beziehungsweise welche Asthmaform vorliegt. Anschließend sollen Asthma-Trigger oder Komorbiditäten erkannt, ausgeschalten und behandelt werden. Auch die richtige Inhalationstechnik wird geprüft. Wurde all dies in der Diagnose berücksichtigt, kann ein schweres Asthma vorliegen.
Biologika-Therapie bei schwerem Asthma
Die Anti-IgE-Therapie, mit dem Antikörper Omalizumab (Medikament: Xolair), steht für Patient:innen mit schwerem allergischen Asthma ab dem sechsten Lebensjahr zur Verfügung. Dabei orientiert sich die Therapie an der Höhe des IgE (Immunglobulin E) und spezifischen Allergenen. Gute Marker dafür, dass die Therapie optimal eingesetzt wurde, sind allergieassoziierte Symptome, der FeNO-Wert (fraktioniertes exhaliertes Stickstoffmonoxid) und dass es sich um ein Early-Onset-Asthma handelt, ein Asthma, das bereits in der Kindheit begonnen hat.
Die Therapieoption mit Anti-IL-5-(R) ist vor allem für Patient:innen mit schwerem eosinophilen Asthma. Hier steht die sehr hohe Eosinophilie, die Erhöhung der eosinophilen Granulozyten, im Vordergrund. Der Allergiebefund hingegen ist eher unauffällig. Hinweise darauf, dass Patient:innen gut darauf ansprechen sind ein Adult-Onset-Asthma – Asthma das im Erwachsenenalter auftritt, die Höhe der Eosinophile und das Auftreten von sehr häufigen Exazerbationen. Prof. Pohl stellte drei verlässliche Verter:innen des Anti-IL-5-(R) vor: „Es gibt das Mepolizumab (Medikament: Nucala), das Benralizumab (Medikament: Fasenra) und das Reslizumab (Medikament: Cinqaero), welches eigentlich nicht mehr gebraucht wird, da es intravenös verabreicht wird, die anderen beiden hingegen subkutan (Injektion ins Unterhautfettgewebe) im Abstand von vier bis acht Wochen.“ Mepolizumab ist zusätzlich für die chronische Rhinitis mit Nasenpolypen, das Churg-Strauss-Syndrom (EGPA) und das Hypereosinophile Syndrom (HES) zugelassen.
In der Anti-IL-4/13-Therapie wirkt das Dupilumab (Medikament: Dupixent) bei schwerem Asthma charakterisiert durch sehr hohe FeNO-Werte und eine Erhöhung der Eosinophilen im Blutwert. Patient:innen mit extrem hohen FeNO-Werten und einer Bluteosinophilenvermehrung sprechen hier besonders gut an. Die Zulassung des Wirkstoffes umfasst außerdem die Neurodermitis, die chronische Rhinitis mit Nasenpolypen sowie die Eosinophile Ösophagitis (EoE).
Der neuste Zugang ist die Anti-TSLP mit dem Antikörper Tezepelumab. Dieser ist für schweres Asthma zugelassen. Hohe FeNO-Werte und eine Bluteosinophilie signalisieren hier, dass Patient:innen gut ansprechen.
Nach drei bis sechs Monaten kommt es zu einer Evaluation, wie gut auf die Therapie angesprochen wird: Sprechen Patient:innen sehr gut auf die Therapie an, wird daran nichts geändert, die Therapie wird in Hinblick auf eine Remission in den letzten 12 Monaten weitergeführt. Bei einem Teil-Ansprechen, also zwar geringeren, aber doch bestehenden Beschwerden, sollte der Therapie dennoch eine Chance gegeben und für erneute drei bis sechs Monate fortgeführt werden. Wird überhaupt nicht auf die Therapie angesprochen, so kann ein Wechsel zwischen den Biologika in Betracht gezogen werden.
Asthma Remission möglich?
Während früher das Therapieziel die Asthma-Kontrolle darstellte, steht heute die Asthma-Remission im Fokus. Die Asthma-Kontrolle orientiert sich kurzfristig. Anhand des ACT (Asthma Control Tests) wird überprüft, ob in den letzten vier Wochen beispielsweise ein Notfallspray benötigt wurde, wie häufig in der Nacht aufgewacht wurde, oder ob das tägliche Leben eingeschränkt wurde. Bei einem Wert zwischen 20 und 25 Punkten wird von einer guten Asthma-Kontrolle gesprochen.
Asthma ist jedoch eine chronische Entzündungskrankheit. Daher wird bei der Asthma-Remission als Symptomabwesenheit derzeit ein Ausbleiben von Exazerbationen und kein Bedarf an systemischem Kortisonvon über einem Jahr definiert, jedoch auch heiß diskutiert. Dieser Zustand kann unter Umständen erreicht werden, das Zeitintervall von 12 Monaten erscheint durchaus als sehr ambitioniert Für die Patient:innen und behandelnden Ärzt:innen ist es auf jeden Fall bedeutsam, dass das Asthma gut kontrolliert ist und keine Einschränkungen im täglichen Leben nachzuweisen sind. Dann sollte überlegt werden, ob die Therapie entsprechend des Stufenplans reduziert werden kann.
Die Veränderung
Prof. Pohl fasste für uns zusammen: „In den letzten drei Jahren hat sich im Asthma-Management sehr viel getan. Wir können Patient:innen nun ganz gezielt therapieren. Diese Innovation ist sicherlich durch die Tripeltherapie – inhalatives Kortison, LABA und LAMA charakterisiert. Die LTRA verabreiche ich nicht mehr, hier gibt es eine Warnung. Eine wesentliche Bereicherung sind die Biologika. Das Xolair gibt es nun schon über Jahrzehnte und es ist beruhigend, dass es dazu auch Alternativen gibt. Nicht zu vergessen ist die Immuntherapie, die Desensibilisierung, die eine fundierte Rolle spielt. Zuallererst aber brauchen wir eine exakte Diagnose.“
Webinar im Oktober 2023 mit Professor Dr. Wolfgang Pohl, Generalsekretär der ÖLU, Leiter des Karl Landsteiner Institutes für klinische und experimentelle Pneumologie und langjähriger Primar im KH Hietzing.
Wir bedanken uns bei Novartis für die Unterstützung des Webinars